Die Leistungen rund um die Customer Journey des Autokunden im Bereich des Autohandels/Autohaus haben sich, auch dank eines durch die Digitalisierung geänderten Kundenverhaltens stark modifiziert. Dabei verlangen die Anforderungen heute die Schaffung von kosteneffizienten Strukturen und schlanken Prozessen, was durch den Zugriff auf große Kapazitäten über neue, marktverändernde Plattformen, ermöglicht werden kann. Die wichtigste Frage dabei ist, wie der Kunde trotz des digitalen Fortschritts weiterhin im Zentrum des Handelns stehen kann. Diese Themen werden im Interview mit Björn Glaßmacher, Produktmanager Logistik (PS Team GmbH), diskutiert und die fünf wichtigsten Fragen dazu beantwortet.
Auf welche Weise hat sich die Customer Journey des Autokunden geändert – und wie geht die Reise weiter?
Man kann generell sagen, dass der Autohandel und das Autohaus eine andere Rolle innerhalb der letzten Jahre eingenommen haben und vermutlich auch weiterhin haben werden. Nehmen wir zum Beispiel die „neuen“ Hersteller wie zum Beispiel Tesla, Polestar oder MG, die die stationäre Fahrzeugpräsenz als Darstellung, Showroomfläche und als Produktpräsentation nutzen. Da steht vielleicht noch ein treuhänderisch bereitgestelltes Fahrzeug in der Grundausstattung und der Rest findet im direkten Vertrieb oder via online Bestellung statt. In den letzten fünf Jahren hat diese Entwicklung bei neuen Markteintritten stattgefunden, aber zu Corona-Zeiten – auch wegen der Schließung der Autohäuser – wurde dieser Trend weiter verstärkt.
Die etablierten Hersteller mit ihrem bisherigen stationären Autohandel, sei es mit eigenen Autohandelsgesellschaften oder mit markenunabhängigen Händlern, werden ihr Geschäftsmodell hinterfragen müssen
Björn Glaßmacher
Sind wir als Konsument wirklich noch derjenige, der zum Auto kommt, um es sich anzuschauen, um es zu konfigurieren, aber auch um in die Beratung zu gehen oder ist es mittlerweile tatsächlich so, dass das Auto zum Kunden kommen muss?
Das ist für mich die Leitfrage. Das Auto muss zum Kunden, denn ich kann mich nicht darauf verlassen, dass der Kunde zum Auto oder aus Hersteller- bzw. Händlersicht zu meinen Fabrikaten kommt. Das ist das große Thema, was da in der Customer Journey auf die Händler zukommt. Wie begleite ich den Kunden von der ersten Beratung über Kauf und Auslieferung bis zum After Sales? Verkaufsdruck, Kosten, Effizienz – das ist kein spezifisches Problem im Autohandel, sondern eine generelle Thematik in der derzeitigen Geschäftswelt. Jeder muss sich hinterfragen: Was sind denn eigentlich meine Kernkompetenzen? Die Kernkompetenzen im Autohaus sind sicherlich auch Aspekte, die eher in der Präsentation, im Verkauf und im After Sales beheimatet sind. Denke ich aber auch an die Beziehung zwischen dem Hersteller und dem Kunden, stellt sich die Frage: Wo stehe ich in meiner Beziehung zum Kunden? Welche Rolle habe ich als Hersteller? Wie schaffe ich es, die gewünschte Nähe und Loyalität in der direkten, aber auch in der indirekten Beziehung über den Handel zu ermöglichen?
Autohandel nach dem Reisebüro-Prinzip
In dem neuen Corporate Partnership Modell bekommt der Autohandel eine veränderte Rolle. Er wird stärker als bislang zum Dienstleister. Ich vergleiche das immer gerne mit der Reisebranche. Vor 30 Jahren war die Vorstellungskraft gar nicht da gewesen reisen so zu buchen, wie wir es heute gewohnt sind, auch aufgrund technischer Möglichkeiten. Es war unvorstellbar, dass ich mir oder meinen Eltern in einem Baukasten-Prinzip eine Reise zusammenstellen kann. Ich bin ins Reisebüro gegangen, habe mir Kataloge zu den fertigen Reisezielen angeschaut und sagte: „Ich möchte gerne für 14 Tage in dieses Hotel nach Kreta fliegen.“. Heute habe ich dieselbe Vorstellung. Ich möchte für 14 Tage nach Kreta, aber aus Kosten- und Individualisierungsgründen schaue ich im Internet. Was ist der günstigste Flug? Wie lässt sich das mit meinen eigenen Bedürfnissen vereinbaren? Welches Hotel buche ich?
Das heißt nicht, dass das Reisebüro komplett wegfällt, sondern nur, dass der Kunde in seinem Reisewillen selbst und viel mehr entscheiden kann. Er holt sich selbständig Informationen in verschiedenen Medien, lässt sich dabei auch persönlich beraten und bucht mitunter nur einzelne Module im stationären Reisebüro, weil er diesem in der Leistungskompetenz vertraut.
Auch da ist sicherlich die Veränderung in der Customer Journey, dass der Kunde entscheidet, wie er zum Produkt „Fahrzeug“ kommen will. Direkt über den Hersteller, oder will er erst Kontakt mit dem Autohaus, wo seine Daten erfasst werden, wo er immer wieder angesprochen wird, obwohl er sich für eine andere Marke entschieden hat? Oder will er eine teilanonymisierte Version wählen, wo er selbst der Entscheider ist und auf den Hersteller online zugeht? Das ist für mich die Zukunft!
Ich sage nicht, dass der Autohandel komplett wegfällt, sondern eine andere Rolle bekommt. Wenn ich etwas anfassen und sehen will oder erweiterte persönliche Informationen bekommen möchte, dann werde ich weiterhin das Autohaus besuchen. Denn das wäre mein erster Kontaktpunkt zu dem Fahrzeug. Und für diese Leistungen vor Ort kann der Autohandel vom Hersteller im Agentensystem entlohnt werden – von der Kundenberatung über die Vereinbarung von Probefahrten. Aber die endgültige Entscheidung zu treffen, wie ich es ausstatte und was ich benötige, kann ich in aller Ruhe am Computer machen.
Wo steht die Branche in Bezug auf Digitalisierung und Prozesse?
Bisher waren es eher interne Flotten-Prozesse, die digitalisiert wurden wie z.B. das Thema “Digitale Führerscheinkontrolle”. Das begann vor knapp zehn Jahren. Man wollte nicht mehr zur Führerscheinstelle fahren. Um den immensen zeitlichen Aufwand einer physischen und persönlichen Führerscheinprüfung einsparen zu können, wurden vom Auslesen via RFID Chip an einfach zugänglichen Stellen oder Barcode Siegel mit Prüfung an Tankstellen von vielen Anbietern verschiedenste Möglichkeiten entwickelt. Dabei kommen auch unerwartete Unternehmen an den Markt, wie der bekannte Textmarker-Hersteller „Edding“, der über seine Innovations-Tochter „Edding Tech“ eine digitale Führerscheinkontrolle via auslesbarer Folie und Smartphone entwickelt hat.
Wie setze ich technische Lösungen ein, die mir an verschiedenen Stellen das Leben erleichtern? Das betrifft nicht unbedingt immer den Endkunden, da sind auch interne Lösungen relevant. Im Leasingbereich ist die digitale Übergabe- und Schadendokumentation gang und gäbe. Früher wurde das alles in Papierform abgewickelt, heute wird alles über das Smartphone/Tablet geregelt. Durch die Digitalisierung wird der administrative Aufwand verringert. Auch hier stellt sich die Frage nach der jeweiligen Kernkompetenz: Muss ich als Disposition die komplette Logistikleistung von Partnersuche und Vertragsgestaltung über Auftragsqualifikation bis Abrechnungsverwaltung manuell steuern?
Muss ich mich in einem Autohaus darum kümmern, wie ich idealerweise ein Fahrzeug von A nach B transportiere? Oder lasse ich es eine digitale Plattform, mit den entsprechenden Größenvorteilen, für mich steuern?
Björn Glaßmacher
Ich bin weiterhin der Entscheider im gesamten Auftragsmanagement, was auch wichtig ist. Aber ich will mit wenigen Klicks Zugang zu einer großen Logistikwelt haben. Das kann ich als stationärer Betrieb gar nicht so ohne weiteres leisten, denn dafür brauche ich die nötige Manpower. Die Frage ist, wie kann ich Digitalisierung und Prozesse in der Branche anders gestalten? Es werden immer mehr Partner dazukommen, die für den Autohandel Leistungen vorbereiten, oder zum Teil sogar übernehmen.
Was sind die Schlüssel zu mehr Kosteneffizienz im Autohandel?
Die Beziehung zwischen Hersteller und Autohaus ist schon heute anders. Was macht VW bei der ID-Modell-Palette? Das Autohaus wird zum „Agenturpartner“. Das wird ein (unechtes) Agenturmodell, bei dem der Händler pro Fahrzeugverkauf eine fixe Provision oder Marge erhält, die er für alle weiteren Prozesse nutzen muss. Für ihn erhöht sich u.a. der Gewinn an dem Verkauf, wenn er die kosteneffizienteste Transportlösungen findet oder wenn er die kosteneffizientesten Verkaufsmaßnahmen entwickelt. Überlässt ein Hersteller die Fahrzeuge für den Showroom vielleicht sogar treuhänderisch, mindern sich die Vor-Beschaffungskosten ungemein. Bessere Kostenstrukturen wirken sich auf mehr Profitabilität in der Ertragsstruktur aus.
Das betrifft auch den Einsatz der Manpower, denn das ist sicherlich der größte Kostentreiber. Wir haben mit einigen Autohäusern gesprochen – da reden wir größenabhängig von im Schnitt 10–50, aber bis zu über 100 angestellte Fahrer, die die Fahrzeuge überführen.
Björn Glaßmacher
Diese Transportkapazitäten müssen dauerhaft vorgehalten werden – in welcher Form auch immer, ob auf 450€ Basis oder auf Teilzeit. Dann fehlt mir aber die Flexibilität. Also muss ich mir die Frage stellen: Was brauche ich für meine Grundauslastung und was hole ich mir als zusätzliche Kapazität von außen dazu?
Wie weit wird der Zugriff auf große Kapazitäten über Plattformen gehen und wie verändert sich der Markt dadurch?
Der Autohändler muss Größenvorteile anzapfen. Diese bekommt er im Rahmen einer Plattform, bei der er Zugriff auf sehr viele Partner hat. Dies kann er mit seiner stationären Disposition ansonsten gar nicht bewerkstelligen, oder muss teure Rahmenverträge mit Dienstleistern eingehen. Üblich sind in diesen Fällen drei bis maximal fünf Partner, an die Aufträge vergeben werden, wo ich ein festes Preistableau habe und klar weiß, was mich die jeweiligen Dienstleistungen kostet.
Über die driviva-Plattform hat der Händler zusätzlich Zugriff auf darüber hinaus gehende Dienstleistungspartner, die die seine geforderten Qualifikationen erfüllen. Die Preis-Gestaltung geht dabei von einem Start-/Richtpreis aus, den ich aus Autohaus-Sicht optimieren will. Durch die Vielzahl von Marktplatzteilnehmern passt der Auftrag für den ein- oder anderen Auftragnehmer vielleicht perfekt in sein aktuelles Such-Schema. Er wird sich vielleicht selbst optimieren wollen und den Preis niedriger gestalten. Somit hat man aus Dispositionssicht mehr Möglichkeiten, die Überführung zu einem günstigeren Preis in Auftrag zu geben.
Wie kann bei all diesen Veränderungen der Kunde im Mittelpunkt bleiben?
Das Thema Plattform ist in den Autohäusern mit angeschlossener Werkstatt sicher aus dem Ersatzteil-Beschaffungsbereich sehr bekannt. In der Vergangenheit wurde immer gefordert die Ersatzteile direkt beim Hersteller zu beziehen. Diese waren aber nicht immer unmittelbar verfügbar oder per Webshop nicht zu beschaffen. Das wurde gesetzlich ein bisschen aufgeweicht, in dem es nicht mehr Marken- oder Herstellerbezug sein muss. So sind u.a. Ersatzteile-Plattformen entstanden, wo der Autohandel einen Zugriff auf eine breite Masse an Ersatzteilen hat.
Somit kann man auch untereinander Ersatzteile anbieten, die ich benötige oder aktuell nicht mehr benötige, damit diese bei mir nicht auf Lager liegen. Also muss ich mir kein riesiges Ersatzteillager vorhalten. Trotzdem brauche ich einen schnellen und kostengünstigen Zugriff auf die Ersatzteile. Da sind die Ersatzteile-Plattformen bereits sehr stark im Markt. Diese Öffnung des Marktes führte auch dazu, dass ich den Fokus auf den Kunden halten und ihn schnell und zufriedenstellend betreuen kann.
Für mich ist die zentrale Komponente beim Autohaus der Wettbewerb um den Kunden. Es geht gar nicht um den Wettbewerb der Marken, sondern wie vermarkte ich meine Leistungen!
Björn Glaßmacher
Ich muss den Kunden mit meinen Leistungen und mit meinem Angebot überzeugen. Der Vorteil, aber auch Anspruch des Kunden, ist hierbei die TOP-Leistung. Er soll dabei bestenfalls gar nicht merken, dass die Leistungen um ihn herum von verschiedenen Partnern durchgeführt werden. Er ist das Zentrum, sodass er selbst Themen, die für ihn unbequem (z.B. Fahrten hin/zurück zum Werkstatt- oder Inspektionstermin) sind, abgeben kann oder besser, die ihm abgenommen werden. Die Leistung entwickelt sich zentrisch um den Kunden herum. Das ist für Ihn Qualität, bringt Zufriedenheit und hat in gewisser Sicht auch einen Einfluss auf seine Work-Life-Balance.
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